Mein erstes mal ...

Story von Sigi Panti


Mein erstes Rennen. Bestimmt dachtest du an etwas ganz anderes ...
Egal.

 

Wie kam ich überhaupt dazu, an Auto-Slalom-Rennen teil zu nehmen? Die Wurzel allen Übels?

Ich glaube, dass das konkrete Formen annahm, als ich mich mit Peter Hotz - Chefmechaniker von Lotus-West - unterhielt. Wir sprachen über die Möglichkeit, Rennen mit den Lotus zu fahren.

Nachdem der Lotus - wieder einmal - nach einem Lotus-Day in Ambri Piotta stehen geblieben war, wollte ich unbedingt mehr darüber erfahren. Peter erzählte mir von einer Rennveranstaltung in Österreich. Klingt spannend. Ich wollte mehr darüber wissen.

 

Es war bereits Herbst, und die Nennungen für das letzte Rennen waren bereits geschlossen. Okay, aber das nächstes Jahr wollte ich unbedingt mit dabei sein! Peter machte mich darauf aufmerksam, dass ich dafür einen zugelassenen Auto-Rennhelm brauche.

Da ich unbedingt auch in Frauenfeld mitfahren wollte, habe ich mich über die Voraussetzungen für einen zugelassenen Rennhelm informiert.
Schliesslich habe ich mich für einen zahlbaren Zamp-Rennhelm mit SA-2015 Zertifikat entschieden.

Der nächste Schritt bestand darin, sich Aufnahmen vom Rennen in YouTube anzuschauen.

Ich gebe es zu: Nachdem ich mir die ersten Videos von diesem Rennen online angeschaut habe, war mir so richtig bange zumute. Ich soll das ebenfalls machen?!? Erstens ist das viel zu schnell! Und zweitens werde ich niemals die richtige Reihenfolge der Tore finden! Okay, am zweiten Punkt war tatsächlich etwas daran ...
Also schaue ich mir die Videos so lange an, bis ich mir den Parcours von Röthis in- und auswendig kenne. Dabei wurden in den verschiedenen Veranstaltungen in Röthis abwechselnd zwei verschiedene Parcours gefahren. Okay, ich lerne beide auswendig. Einer der beiden Parcours wird es dann wohl sein. Dachte ich ... 

Und dann, irgendwann im Februar, war die Anmeldung für Röthis offen! Super! Gleich anmelden! Wie mir Peter erklärt hat, in der GTS-Klasse.
Nur lese ich dann dort etwas von einer Schnupperklasse. Eine Klasse für Motorsport-Neulinge! Super! Genau das Richtige für mich! Perfekt!

 

Alles passt! Das erste Rennen rückt immer näher. Dann die Langzeit-Wettervorhersage: Regen!
Oh nein!! Bloss kein Regen!!

Mein Lotus ist pur nach den Vorstellungen von Colin Chapman gebaut. Das bedeutet:

Null Hilfsmittel! Nur das Essenzielle darf am Auto verbaut sein. Kombiniert mit einer unbrauchbaren Radgeometrie, absolut untauglichen Reifen (Yokohama AD 07 auf 5,5" Felgen vorne), Mittelmotor sowie keinerlei positiven Erfahrung im Regen ... das Bild des Grauens!

Jeden Tag betrachte ich voller Hoffnung die Wetterprognose, als hätte ich einen Lottoschein in der Hand. Das Grauen blieb. Nein. Es wurde schlimmer.

Also gut, das Rennen wird unter nassen Bedingungen statt finden. Betrachten wir es von der positiven Seite, denke ich. Eine Chance, den Grenzbereich des Autos mal im Nassem kennen zu lernen.

 

In aller Früh fahren wir los, um rechtzeitig am Start zu sein. Alles scheint leer zu sein. Doch nach und nach füllt sich das Fahrerlager.

Administrative Abnahme. Wo ist das? Was soll ich dort überhaupt? Und dann??
Das sehr freundliche Personal zeigt mir, wo ich hin gehen soll. Gut. Dort bekomme ich einen Stapel Aufkleber und diverse Zettel in die Hand gedrückt. Wie ein verirrtes Huhn schaue ich mir das Willkommensgeschenk an, und laufe um das Auto damit.
Was soll ich jetzt damit??? Und die technische Abnahme? Wohin soll ich nun? Und wohin mit all den Zetteln? Und wie spät ist es eigentlich?

Zum Glück weiss mein Schatz, wie die Zahlen an das Auto geklebt werden. Ich glaube, das hätte ich vor lauter Nervosität nicht hin gekriegt.
Ich frage im Fahrerlager nach dem "wie und wo" der technischen Abnahme. Und sehr freundlich und ruhig bekomme ich Auskunft. Und auch die technische Abnahme. Darum ging es im Prinzip darum, dem technischen Delegierten das Auto zu zeigen und ihm den richtigen Zettel in die Hand zu drücken. 
Aha, das war also die technische Abnahme. Okay.

 

Dann, 15 Minuten vor den Start, der Hinweis zur Streckenführung. Der Streckenchef fährt die Strecke ab, und ich schaue vom Streckenrand den Streckenverlauf zu.
Oh Schreck!!

Das war eine neue Streckenführung!!! Oh nein! Alles umsonst auswendig gelernt! Natürlich war diese Erkenntnis nicht unbedingt förderlich, um meine jetzt bereits lähmende Angst zu mildern. Und das Rennen ging bald los!

 

Der Regen hatte aufgehört, als wir dort angekommen sind. Aber die Strecke war trotzdem nass. Jackpot! Ich in einem Auto wo ich im Regen noch nie richtig am Limit gefahren bin und ein Streckenverlauf, den ich nicht kannte.
Ich setze den Helm auf. Bringe dann aber kaum die Brille auf. Da ich den Helm nicht alleine festschnallen kann, versucht es mein Schatz, hat aber damit jede Mühe ... das kurz vor den Start.
Okay, den Helm irgendwie festgeschnallt, die Brille mit Mühe und Not aufgesetzt, setze ich mich ins Auto. Dann kommt mir genau in diesem Moment einen Krampf im Rücken. Auch das noch!

Unterdessen heulen die ersten Motoren hoch, und der Speaker ruft irgend etwas durch das Mikro. Ich habe keine Ahnung, was los ist. Ich fahre mal zum Start, und schaue dann, was passiert. Ein Streckenposten kommt dann gleich auf mich zu, und weist mich hin, bei der Zeitmessung zu warten. Dann kommt ein weiterer Delegierter, und möchte einen Laufzettel haben.

Einen Was??

Einer dieser Zettel, welche ich bei der administrativen Abnahme gekriegt habe.
Ach so, dafür waren also all diese Zettel gut. Ich gebe ihm diese Zettel. Er nimmt diese, schaut sie sich an, und gibt mir diese wieder zurück.

??? Jetzt verstand ich es doch nicht mehr. Egal. Es ging los.

 

Vor mir ein paar Autos, welche am Start waren, und los fuhren.

Dann kam ich an der Reihe. Der Streckenposten machte mir Zeichen, dass ich noch weiter nach vorne fahren soll. Dann Stopp!

Er hält die grüne Flagge vor der Windschutzscheibe. In wenigen Augenblicken wird er die Flagge heben, und ich werde los fahren. Ein kurzer Moment. Aber dieser Moment scheint mir ewig zu dauern.

Die Zuschauer am Start schauen mir zu. Und irgendwie geniesse ich das, obwohl doch recht angespannt bin.

Ich lege den ersten Gang ein, und beginne Gas zu geben. Der Drehzahlmesser steigt auf 3'000 U/min. Ich lasse die Kupplung langsam los, und spüre, wie sie beginnt ganz leicht zu streifen. Den Blick durch den Helm nur noch nach vorne gerichtet. Die nasse Fahrbahn. Das erste Pylonentor vor mir. Dann das nächste Tor links. Und dann kommt gleich das Gras!
Fahr bloss vorsichtig dort, denke ich mir noch. In diesem Moment geht die Flagge nach oben.

 

Klick!

 

Vollgas! Die Kupplung ausgekuppelt. Die Räder drehen sofort durch, der Lotus schwänzelt ein wenig, und nimmt rasch Fahrt auf.
Erstaunlich gut beschleunigt das Auto trotz nasser Fahrbahn. Ich passiere das erste Tor. Das fühlt sich echt grossartig an! Dann der Blick auf das nächste Tor. Das fühlt sich weniger toll an. Aufpassen! Vorsichtig durch dieses Tor! Das Auto auf die Strasse halten!

Ich passiere das zweite Tor, und fahre zum nächsten. Aehm ... wo ist das überhaupt?? Ich schaue mich um, und sehe in der Ferne ein weiteres Tor. Okay, dort geht es weiter. Denke ich ...

Dann folgt wieder ein Tor. Aehm ... ich denke, es geht da herum. Ein Streckenposten vor mir macht wilde Gesten mit den Händen, und zeigt mir in die andere Richtung. Uups, das war wohl die falsche Richtung.
Okay, ich folge dem Ratschlag des freundlichen Streckenposten und fahre den anderen Weg. Und tatsächlich, führt mir dieser Weg nach einigen Pylonen-Tore ans Ziel.

 

Ich weiss nicht, was ich nach dem Zieleinlauf überhaupt denken sollte.
Ich hatte mich verfahren. Peinlich. Ich war zweifellos langsam und zu vorsichtig. Beschämend. Aber ich hatte es trotzdem geschafft! Ich war am Ziel angekommen. Und zwar ganz! Also auf ein Weiteres!

Als ich wieder auf der Startaufstellung stehe, kommt ein Streckenposten zu mir. Er sagt, dass ich falsch gefahren sei.
Ja, das weiss ich doch.

Also, neuer Start, neues Glück. Und diesmal verfahre ich mich nicht! Denke ich zumindest.
Nochmals auf der Startaufstellung, kommt der Streckenposten nochmals. Er meint, ich fahre falsch!
Ich schaue ihn fragend an. Er erklärt mir, dass ich hinter dem Häuschen fahren soll nach dem Start!
Aha!!!

 

Okay, das dritte Mal am Start.

Ich stehe am Start und konzentriere mich, dass die Flagge hoch geht.
Diesmal lasse ich die Kupplung besser los, und der Lotus beschleunigt richtig gut. Erstes Tor ... okay. Zweites Tor ... (zu) vorsichtig ... und dann? Aha, es geht dort hinten weiter! Also beschleunige ich voll durch, und bremse für das diesmal (hoffentlich) richtige Tor an. Dann ... oh Schreck! Kaum Grip!

Die Räder blockieren, und das Ende der Strasse kommt rasant immer näher. In Gedanken male ich mir bereits aus, wie ich im Haag landen werde. Was für eine blamable Darstellung!

Doch kurz vor dem Gras entscheidet sich der Lotus dann doch noch einzulenken. Puh, das war knapp! Trotzdem pushe ich weiter so hart ich kann. Und immer bedacht, das Auto auf der Strecke zu halten. Aber Der Lotus will in den lang gezogenen Kurven einfach nicht durch. Mir scheint es so, als ob ich eine Ewigkeit benötige, bis das Auto endlich durch die Kurven kam.

In diesem Moment habe ich mich auch entschlossen, dass das so nicht gehen kann.

 

Ich hatte keine Ahnung, wie meine Zeiten im Vergleich zur Konkurrenz waren. Um so gespannter war ich dann auf die Siegesehrung.

Dritter Platz: Siegfried Panti auf einen Lotus Elise!

Okay, dritter. Zweiter hätte mir aber besser gefallen. Später erfahre ich, dass der zweite Platz am Lada gegangen war. Was für eine Beschämung.
Trotzdem: Ich hatte den Lotus zum ersten Mal im Regen am Limit gefahren! Und habe das Auto auf der Strecke gehalten! Und bin immerhin Dritter geworden!

Diesen Pokal habe ich gerne mit nach Hause genommen.

 

Am Nachmittag bin ich die GTS-Klasse gefahren. Wenn ich mich nicht irre, bin ich eine 1.03 gefahren. Knapp 6 Sekunden fehlten mir zu den Schnellsten meiner Gruppe ... au weia! Die anderen anwesenden Elise fuhren 59er Zeiten ... uii ... 4 Sekunden langsamer als die anderen in gleichwertigen Autos!
Deftige Lektion! Wie haben die das geschafft??
Aber auf der anderen Seite hatte es ein Porsche 911 Turbo an den Start, der ebenfalls 1.03 Zeiten gefahren war. Und andere, welche sogar noch langsamer als ich unterwegs waren. Trotzdem: nächstes Jahr wollte ich bei der GTS-Klasse vorne mit dabei sein!

 

Ach ja, aus dieser Geschichte ist dann der Name des Rennteams entstanden.

 

Pylonenpflücker

 

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In Röthis bin ich 2016 mit meinen Lotus Elise mein erstes Auto-Slalom-Rennen gefahren
Mein erstes Rennen mit den Lotus